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18.11.2020: Dreifach-Champion René Rast: „Die DTM
ist immer mein Zuhause gewesen“ |
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Die Zukunft ist elektrisch, auch für René Rast. Der
erfolgreichste Audi-DTM-Pilot aller Zeiten startet 2021 für Audi
in der FIA-Formel-E-Weltmeisterschaft. Aber auch in der DTM hat
der 34 Jahre alte Familienvater schon das nächste Ziel
ausgemacht.
Mit seinem dritten Titelgewinn in nur vier Jahren hat René Rast
Anfang November DTM-Geschichte geschrieben. 24 Rennen hat der
gebürtige Mindener mit Wohnsitz in Bregenz (Österreich) in
Rekordzeit mit dem Audi RS 5 DTM gewonnen, 20 Pole-Positions
geholt, 14 Mal die schnellste Runde gedreht und 1.113 Punkte
gesammelt. Das entspricht bei 77 Starts einem Schnitt von mehr
als 14 Punkten pro Rennen.
In der ewigen Bestenliste der DTM liegt René Rast nach
Meistertiteln nun gleichauf mit Rennlegende Klaus Ludwig auf
Rang zwei. Wie er die Tage nach seinem dritten Titelgewinn
verbracht hat, was er sich für die Formel E vorgenommen hat,
warum er Audi treu bleibt und welchen DTM-Rekord er noch knacken
möchte, erzählt der Deutsche im großen Champions-Interview. |
Wie klingt das: dreimaliger DTM-Champion und auf einer Ebene mit
einer Legende wie Klaus Ludwig?
Es ist natürlich ein ganz besonderes Gefühl, jetzt zu den drei
besten DTM-Fahrern der Geschichte zu gehören. Das hätte ich mir
selbst nie träumen lassen. Ich bin erst vor vier Jahren in die
DTM gekommen. Jetzt schon zu den besten DTM-Fahrern der
Geschichte zu zählen, ist unglaublich. Das ist auch noch nicht
wirklich bei mir angekommen. Das wird man wahrscheinlich erst
richtig wahrnehmen, wenn man etwas älter ist und auf das
zurückblickt, was man in der Vergangenheit so gemacht hat.
Es gibt viele Menschen, die an einem DTM-Titelgewinn beteiligt
sind. Wem gilt dein Dank ganz besonders?
Am Anfang natürlich meinem Vater, meiner Mutter, meiner
Schwester – allen in meiner Familie, die früher mit mir zu den
Rennen gereist sind. Die das alles mitgemacht und mich
unterstützt haben. Gerade mein Vater, der immer mit dem
Wohnmobil unterwegs war. Ab 2005 hat dann mein Manager (Dennis
Rostek) übernommen. Er steht bis jetzt an meiner Seite und hat
die Wege geebnet. Dann natürlich meiner eigenen kleinen Familie
mit meiner Freundin Diana, die auch an meiner Seite steht, wenn
es mal nicht so gut läuft. Dem Team Rosberg, das den größten
Teil zum Erfolg der letzten Jahre beigetragen hat. Die
Mechaniker und meine Ingenieure haben vier Jahre lang Tag und
Nacht dafür gearbeitet. Und last but not least Audi Sport. Sie
haben mir die Chance gegeben, meinen Traum von der DTM doch noch
zu verwirklichen und mir in den letzten vier Jahren hammermäßige
Autos hingestellt.
Wie hast du die Tage nach dem Titelgewinn verbracht?
Relativ ruhig. Ich war nur einen Tag am Bilster Berg und hatte
dort Sponsorentermine. Ansonsten war ich zu Hause und habe die
Zeit mit meiner Familie genossen. Ich habe versucht, ein paar
Tage auszuspannen. Es war doch ein sehr vollgepacktes Jahr. Die
ganzen Dinge, die zu Hause so liegengeblieben sind, muss man
auch erst einmal abarbeiten.
Wie viele Gratulationen gab es nach dem Titelgewinn? Irgendeine
Gratulation, die dich besonders überrascht hat?
Ich habe sehr viele Nachrichten bekommen. Das muss man erst
einmal verarbeiten. Ich habe sie nicht gezählt, aber ich schätze
zusammengerechnet über WhatsApp, SMS, E-Mail und die ganzen
sozialen Netzwerke waren es über tausend. Auch Lukas Podolski,
der immer zum Titelgewinn gratuliert hat, war wieder dabei.
Du hast vor, deine DTM-Meisterautos zu kaufen. Wie ist der
Stand? Was hast du mit den Autos vor?
Jein. Die Meisterautos gehen bei Audi immer ins Museum. Ich habe
vor, zumindest je ein Auto aus jeder Generation zu kaufen, in
der ich Meister geworden bin. Ich hätte als Andenken gerne ein
Auto mit dem V8, also das 2017er-Modell, und ein Auto mit dem
Vierzylinder-Turbo. Wir sind noch in Gesprächen, wie das
ablaufen kann.
Wie groß war der Druck beim Finale in Hockenheim, nachdem Nico
Müller das Samstagsrennen gewonnen hatte?
Samstagmorgen hatte ich gefühlt mehr Druck. Da wussten wir nicht
wirklich, wie stark wir sind und ob Nico (Müller) wieder so
überlegen sein würde wie beispielsweise am Nürburgring. Wenn
Nico beide Rennen dominiert hätte, hätten wir zweimal Zweiter
werden müssen. Aber am Samstag haben wir gesehen, dass wir im
Qualifying schnell waren und auch das Rennen hätten gewinnen
können. Deshalb war ich am Sonntag viel entspannter als am
Samstag.
Wie sehr schmerzt es, dass die Class-1-Ära der DTM nach so
kurzer Zeit zu Ende ist?
Es schmerzt schon sehr. Das waren tolle Rennautos – echte
Prototypen, richtig schnell, in Spa von den Rundenzeiten her
nicht weit weg von der Formel 2. Diese Autos nach nur zwei
Jahren ins Museum zu geben, das fällt sehr schwer. Aber wir
müssen einfach happy und zufrieden sein, dass wir überhaupt
solche Rennautos fahren durften.
Ist das Kapitel DTM für dich abgeschlossen oder sehen wir René
Rast 2021 in der GT3-DTM?
Das steht noch nicht ganz fest. Ich würde mich freuen, wenn ich
weiter in der DTM fahren könnte. Jetzt muss man abwarten, wie
ein Doppelprogramm Formel E/DTM aussehen könnte. Wie viele
Überschneidungen es gibt. Aber ich würde liebend gerne noch
einmal fahren. Die DTM ist immer mein Zuhause gewesen. Wenn ich
noch zwei Titel einfahren könnte, wäre ich auf einer Stufe mit
Bernd Schneider. Aber nicht nur deswegen würde ich das gerne
weiter machen, sondern weil die DTM einfach zu mir gehört.
Wie siehst du die DTM Electric, die in Hockenheim vorgestellt
wurde?
DTM Electric finde ich sehr cool – auch das ganze Konzept um die
DTM herum: DTM, DTM Trophy, DTM Electric, DTM Esports und DTM
Classic. Das ist ein wirklich durchdachtes Konzept, das den
Herstellern und Teams jetzt eine gewisse Planungssicherheit und
mit der DTM Electric auch eine Zukunftsperspektive gibt. Die
Autos haben richtig Qualm – 1.200 PS! Natürlich ist fraglich,
was 2023 in Sachen PS davon übrigbleibt. Aber ich glaube, die
Zukunft ist auf jeden Fall elektrisch. Die Technologien werden
sich weiter entwickeln, die Autos leichter. Wir gehen mit der
Zeit und freuen uns darauf.
Es gibt noch immer viele Motorsport-Fans, die der
Elektromobilität kritisch gegenüberstehen. Welche Botschaft hast
du für sie?
Natürlich kann ich verstehen, dass viele Fans den elektrischen
Rennserien kritisch gegenüberstehen. Es sind noch viele „Petrol
Heads“ dabei, die mit dem Motorsport aufgewachsen sind. Ich bin
auch einer, der sagt, ich finde Sound geil. Aber man muss auch
sehen, dass die Zeiten sich ändern. Wir wollen alle weiter
Motorsport sehen. Wenn das die Möglichkeit ist, Motorsport
weiter zu betreiben, dann sollten wir sie nutzen, zumal
elektrischer Motorsport auch faszinierende Rennen bietet. Man
muss sich nur die Formel E anschauen. Die Rennen sind immer
unvorhersehbar, spannender als jedes Formel-1-Rennen. Es
passiert mehr, es gibt mehr Action. Auch für die Fahrer ist das
sehr anspruchsvoll.
Für dich geht es nun nahtlos weiter mit Testfahrten und dem
ersten Rennen der FIA-Formel-E-Weltmeisterschaft im Januar. Was
rechnest du dir für 2021 in der Formel E aus?
Das ist schwer zu sagen. Das ist natürlich Neuland für mich.
Außer Berlin kenne ich keine Strecke. Es wird eine große
Herausforderung für mich, da schnell reinzukommen. Vor allem
sind die Events ja eigentlich alle an nur einem Tag. Das heißt,
ich muss brutal schnell lernen. In Berlin hat man gesehen, dass
ich, als ich etwas in Fahrt war, einen dritten und einen vierten
Platz in den letzten zwei Rennen geholt habe. Das war ganz in
Ordnung. Darauf kann man aufbauen. Aber Prognosen sind
schwierig. Ich möchte um Podiums kämpfen. Ob das dann am Ende
zur Top 10 oder Top 5 reicht, muss man abwarten. Das hängt ja
auch davon ab, wie stark wir im Vergleich zur Konkurrenz sind.
Laut Medienberichten hattest du auch Angebote von anderen
Herstellern. Warum hast du dich entschieden, Audi treu zu
bleiben?
Ja, das stimmt. Der ausschlaggebende Punkt war am Ende, dass ich
mit Audi in der Vergangenheit so viele Erfolge gefeiert habe.
Und auch die Nähe zu Audi. Es hat einfach vieles für Audi
gesprochen. Audi war mir gegenüber immer loyal, offen und fair.
Und ich bin überzeugt, dass auch die Zukunft bei Audi viele
spannende Sachen bietet.
Was wünscht sich ein dreimaliger DTM-Champion zu Weihnachten?
Nicht viel. Ich wünsche mir eine schöne Zeit mit der Familie.
Zufrieden, glücklich sein, gesund bleiben. Ausspannen, Batterien
aufladen. Materiell habe ich gar keine Wünsche. Nach dem
Titelgewinn habe ich mir eine neue Systemkamera gegönnt. Ich
fotografiere privat sehr gerne. Das ist mein kleines Hobby.
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© Foto und Text: Audi Kommunikation Motorsport |
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